1.1 Was ist die Pflegeversicherung?
Am 1. Januar 1995 wurde die letzte große Lücke in der sozialen
Versorgung geschlossen: Seither gibt es die Pflegeversicherung als
eigenständigen Zweig der Sozialversicherung. Da prinzipiell jeder
einmal auf diese Hilfe angewiesen sein kann, wurde schon bei der
Einführung der Pflegeversicherung eine umfassende Versicherungspflicht
für alle gesetzlich und privat Versicherten festgelegt. Das
bedeutet: Jeder, der gesetzlich krankenversichert ist, ist automatisch
in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Jeder privat Krankenversicherte
muss eine private Pflegeversicherung abschließen.
Die Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung werden durch
Beiträge finanziert, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte
entrichten. Wann und wie viel Leistungen ein Pflegebedürftiger
aus der Versicherung bekommt, hängt von Grad und Dauer der
Hilfebedürftigkeit ab. Braucht jemand nur Hilfe beim täglichen
Waschen und Einkaufen? Kann die Person alleine essen? Kann sie
zu Hause wohnen oder braucht sie rund um die Uhr Betreuung
in einem Pflegeheim? Je nach Umfang des Hilfebedarfs gibt es
verschiedene Pflegestufen. Die Pflegeversicherung gibt dabei den
Pflegebedürftigen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie und
von wem sie gepflegt werden wollen. Sie haben die Wahl, ob sie
Hilfe von professionellen Fachkräften in Anspruch nehmen, oder
aber Geld beziehen, welches sie den pflegenden Angehörigen als
finanzielle Anerkennung geben können. Oberstes Ziel ist es, den
pflegebedürftigen Menschen weitestgehend ein selbstbestimmtes
Leben zu ermöglichen. Allerdings deckt die soziale Pflegeversicherung
häufig nicht alle Kosten der Pflege ab. Den Rest trägt
der Pflegebedürftige oder seine Familie selbst. Sie wird deshalb

auch als „Teilleistungsversicherung“ oder Kernsicherungssystem
bezeichnet. Im Elften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI) finden
sich alle wichtigen Regelungen zur Pflegeversicherung.
Warum war die Einführung der Pflegeversicherung notwendig?
Alle Industrienationen haben eines gemeinsam: Ihre Gesellschaft
wird immer älter. Nach den Vorausschätzungen zur Bevölkerungsentwicklung
wird in Deutschland die Anzahl älterer Personen
(66 Jahre und älter) von 2008 bis zum Jahr 2050 um 6,7 Millionen
Menschen auf 23,4 Millionen steigen. Ein heute sieben Jahre altes
Mädchen hat gute Chancen, das 22. Jahrhundert zu erleben. Diese
positive Entwicklung hat jedoch auch eine Kehrseite. Ab dem
80. Lebensjahr steigt die statistische Wahrscheinlichkeit, auf
fremde Hilfe angewiesen zu sein, rapide an – auf 29,9 Prozent.
Das heißt: je älter die Bevölkerung, desto höher die Zahl der
Pflegebedürftigen. Pflegebedürftigkeit bedeutet für Betroffene
und ihre Angehörigen große physische, psychische und finanzielle
Belastungen. Zumal sich Familienstrukturen verändert haben:
In den Familien gibt es weniger Kinder, oft sind diese berufstätig
und können sich nicht so intensiv um ihre Eltern kümmern, wie
es früher einmal der Fall war.
Um Pflegebedürftige und ihre Familien zu entlasten, wurde die
Pflegeversicherung eingeführt. Denn nach der Verfassung der
Bundesrepublik Deutschland ist das Land ein sozialer Rechtsstaat,
der seinen Bürgerinnen und Bürgern für die wesentlichen Lebensrisiken
einen angemessenen Schutz garantieren muss.
Wie viele Menschen sind derzeit auf die Pflegeversicherung
angewiesen?
Rund 2,46 Mio. Menschen nehmen jeden Monat Leistungen der
Pflegeversicherung in Anspruch. Dabei erhält der überwiegende
Teil (rund 1,7 Mio.) ambulante Leistungen, stationär gepflegt
werden rund 0,76 Mio. Menschen (Stand Oktober 2012).

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

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