Seit der Gesundheitsreform 2007/2009 haben sich die Kassenorganisation, das Verhältnis von gesetzlicher zu privater Krankenversicherung und die Finanzierung des Gesundheitswesens nachhaltig verändert:

Am 1. Januar 1995 wurde die letzte große Lücke in der sozialen
Versorgung geschlossen: Seither gibt es die Pflegeversicherung als
eigenständigen Zweig der Sozialversicherung. Da prinzipiell jeder
einmal auf diese Hilfe angewiesen sein kann, wurde schon bei der
Einführung der Pflegeversicherung eine umfassende Versicherungspflicht
für alle gesetzlich und privat Versicherten festgelegt. Das
bedeutet: Jeder, der gesetzlich krankenversichert ist, ist automatisch
in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Jeder privat Krankenversicherte
muss eine private Pflegeversicherung abschließen.
Die Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung werden durch
Beiträge finanziert, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte
entrichten. Wann und wie viel Leistungen ein Pflegebedürftiger
aus der Versicherung bekommt, hängt von Grad und Dauer der
Hilfebedürftigkeit ab. Braucht jemand nur Hilfe beim täglichen
Waschen und Einkaufen? Kann die Person alleine essen? Kann sie
zu Hause wohnen oder braucht sie rund um die Uhr Betreuung
in einem Pflegeheim? Je nach Umfang des Hilfebedarfs gibt es
verschiedene Pflegestufen. Die Pflegeversicherung gibt dabei den
Pflegebedürftigen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie und
von wem sie gepflegt werden wollen. Sie haben die Wahl, ob sie
Hilfe von professionellen Fachkräften in Anspruch nehmen, oder
aber Geld beziehen, welches sie den pflegenden Angehörigen als
finanzielle Anerkennung geben können. Oberstes Ziel ist es, den
pflegebedürftigen Menschen weitestgehend ein selbstbestimmtes
Leben zu ermöglichen. Allerdings deckt die soziale Pflegeversicherung
häufig nicht alle Kosten der Pflege ab. Den Rest trägt
der Pflegebedürftige oder seine Familie selbst. Sie wird deshalb

auch als „Teilleistungsversicherung“ oder Kernsicherungssystem
bezeichnet. Im Elften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI) finden
sich alle wichtigen Regelungen zur Pflegeversicherung.
Warum war die Einführung der Pflegeversicherung notwendig?
Alle Industrienationen haben eines gemeinsam: Ihre Gesellschaft
wird immer älter. Nach den Vorausschätzungen zur Bevölkerungsentwicklung
wird in Deutschland die Anzahl älterer Personen
(66 Jahre und älter) von 2008 bis zum Jahr 2050 um 6,7 Millionen
Menschen auf 23,4 Millionen steigen. Ein heute sieben Jahre altes
Mädchen hat gute Chancen, das 22. Jahrhundert zu erleben. Diese
positive Entwicklung hat jedoch auch eine Kehrseite. Ab dem
80. Lebensjahr steigt die statistische Wahrscheinlichkeit, auf
fremde Hilfe angewiesen zu sein, rapide an – auf 29,9 Prozent.
Das heißt: je älter die Bevölkerung, desto höher die Zahl der
Pflegebedürftigen. Pflegebedürftigkeit bedeutet für Betroffene
und ihre Angehörigen große physische, psychische und finanzielle
Belastungen. Zumal sich Familienstrukturen verändert haben:
In den Familien gibt es weniger Kinder, oft sind diese berufstätig
und können sich nicht so intensiv um ihre Eltern kümmern, wie
es früher einmal der Fall war.
Um Pflegebedürftige und ihre Familien zu entlasten, wurde die
Pflegeversicherung eingeführt. Denn nach der Verfassung der
Bundesrepublik Deutschland ist das Land ein sozialer Rechtsstaat,
der seinen Bürgerinnen und Bürgern für die wesentlichen Lebensrisiken
einen angemessenen Schutz garantieren muss.
Wie viele Menschen sind derzeit auf die Pflegeversicherung
angewiesen?
Rund 2,46 Mio. Menschen nehmen jeden Monat Leistungen der
Pflegeversicherung in Anspruch. Dabei erhält der überwiegende
Teil (rund 1,7 Mio.) ambulante Leistungen, stationär gepflegt
werden rund 0,76 Mio. Menschen (Stand Oktober 2012).

1.2 Wer ist versichert?
Es besteht grundsätzlich eine Absicherung in der sozialen oder
privaten Pflegeversicherung. Dies wird durch die nachfolgend unter
a bis e dargestellten Regelungen gewährleistet. Grundsätzlich ist
jeder dort pflegeversichert, wo er krankenversichert ist. Die Systematik
im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und der
sozialen Pflegeversicherung behält die Unterscheidung zwischen
„Pflichtversicherten“ und „freiwillig Versicherten“ immer noch bei,
obgleich inzwischen alle einer Versicherungspflicht unterliegen.
a. Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung
Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, gehört
automatisch der sozialen Pflegeversicherung an. Ein gesonderter
Antrag zur Aufnahme in die soziale Pflegeversicherung muss also
nicht gestellt werden. Dies gilt zum Beispiel für Arbeiter, Angestellte,
Studierende und Rentner. Wer aus der Versicherungspflicht
ausgeschieden ist, zum Beispiel weil er seinen Wohnsitz ins Ausland
verlegt hat, kann sich auf Antrag in der sozialen Pflegeversicherung
weiterversichern (siehe dazu unter f).
b. Familienversicherte
Unterhaltsberechtigte Kinder, Ehegatten und Lebenspartner, deren
regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen nicht höher ist als
385 Euro beziehungsweise 450 Euro bei geringfügig Beschäftigten,
sind im Rahmen der Familienversicherung mitversichert. Dies
gilt auch für Lebenspartner eingetragener gleichgeschlechtlicher
Lebensgemeinschaften. Diese brauchen keine Beiträge zur Pflegeversicherung
zu zahlen.
c. Freiwillig Versicherte
Auch für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung
besteht eine Versicherungspflicht in der sozialen
Pflegeversicherung. Freiwillig Versicherte können sich von dieser
Pflicht jedoch befreien lassen. Die Voraussetzung dafür: Innerhalb
der ersten drei Monate während der freiwilligen Versicherung

muss die Entscheidung getroffen werden, ob die gesetzliche oder
private Pflegeversicherung gewünscht wird. Der Versicherte muss
nachweisen, dass er eine entsprechende Pflegeversicherung abgeschlossen
hat.
d. Privat Versicherte
Mitglieder einer privaten Krankenversicherung müssen auch
eine private Pflege-Pflichtversicherung (PPV) abschließen. Die
Leistungen sind denen der sozialen Pflegeversicherung gleich‑wertig.
An die Stelle der Sachleistungen tritt jedoch die Kostenerstattung
– wie bei der privaten Krankenversicherung.
e. Versicherungspflicht auch für alle Übrigen
Von der Pflegeversicherung sind seit ihrer Einführung 1995 nahezu
alle Personen erfasst, auch wenn sie keinen Krankenversicherungsschutz
haben.
Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) bezieht zudem
seit dem 1. April 2007 weitere Personen, die bisher nicht krankenversichert
waren, in die Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung ein. Seit 1. Januar 2009 gilt auch eine Versicherungspflicht
in der privaten Krankenversicherung, wenn nicht
bereits eine Versicherungspflicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung
besteht. Im Ergebnis gilt danach praktisch für alle
Bürgerinnen und Bürger eine lückenlose Krankenversicherungspflicht.
Sie sind – soweit dies nicht schon bereits der Fall war –
damit zugleich auch pflegeversichert.
f. Weiterversicherung
Unter bestimmten Bedingungen besteht auch die Möglichkeit, sich
auf Antrag als freiwillig Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung
abzusichern, um den Versicherungsschutz bei Ausscheiden
aus der Versicherungspflicht dennoch aufrechtzuerhalten.
Der Versicherte muss dafür jedoch in den vorherigen fünf Jahren
mindestens 24 Monate oder in den vorherigen zwölf Monaten
ununterbrochen Mitglied der sozialen Pflegeversicherung gewesen sein. Personen, die wegen der Verlegung ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen

Aufenthaltes ins Ausland aus der Versicherungspflicht
ausscheiden, können sich ebenfalls auf Antrag weiterversichern.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

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